19: LRSR-Studie: Kindliche Entwicklung
Shownotes
19: LRSR-Studie: Kindliche Entwicklung Beschreibung: In dieser 2. Auswertungsepisode berichtet Lars der Legasthenie-Experte von Legasthenie Coaching – Institut für Bildung und Forschung und Fachjournalist aus der LRS-Anamnesestudie, die er mit seinem Team von 2016 bis 2022 mit über 202 Familien als Pilotstudie erhoben hat. In diesem Teil geht es um die wichtige kindliche Entwicklung bei Kindern, die Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb haben.
Inhalt der Episode: Einblicke in die kindliche Entwicklung: • Schwangerschaft • Geburtsverlauf • Hörvermögen • Sehvermögen • Schilderungen: Schwangerschaftskomplikationen • Welche Komplikationen treten seltener auf? • Was sagt die weitere Forschung dazu? • Praxiserfahrung
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Transkript anzeigen
[0:01] Hallihallo, hier ist wieder Lars vom Legasini-Coaching-Podcast.
[0:07] Heute, wie bereits angekündigt, behandeln wir in unserer 19. Folge der LRSR-Anamnesestudie die erhobenen Daten zum Thema kindliche Entwicklung. Dabei werden wir die Bereiche Schwangerschaft, Geburt, Hörvermögen und Sehvermögen besprechen und uns über die Erfahrungen austauschen. Dies ist ein sehr spannender und wichtiger Bereich, da Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten mit der gesamten kindlichen Entwicklung in Zusammenhang stehen können. In der Fachwelt wird immer wieder diskutiert, ob es eine Entwicklungslegasthenie gibt, da diese möglicherweise mit der allgemeinen kindlichen Entwicklung verknüpft ist.
[1:09] Im ersten Punkt besprechen wir die Schwangerschaft. Von den über 200 Befragten berichteten rund 57 % von keinerlei Problemen. Etwa 17-19 % gaben geringe bis leichte Probleme an, während rund 2-3 % von sehr großen Problemen berichteten. Es ist bekannt, dass verschiedene Einflussfaktoren während der Schwangerschaft eine Rolle spielen können, darunter die Ernährung der Mutter, Stress und Substanzkonsum. Diese können sich auf die gesamte kindliche Entwicklung auswirken und möglicherweise auch allgemeine Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben beeinflussen, wenn man den gesamten Entwicklungsverlauf betrachtet.
[2:35] Aus der Forschung zur Leseentwicklung im Grundschulalter weiß man, dass kognitive Grundlagen und Risikofaktoren möglicherweise bereits während der Schwangerschaft entstehen und ungünstige Auswirkungen haben können. Hierbei spielen erbliche, kognitive und neurologische Faktoren eine Rolle. Wie bereits in der letzten Folge besprochen, gibt es genetische Faktoren, die mit Sprachverarbeitung in Zusammenhang stehen. Wenn die Sprache langsamer verarbeitet wird, kann sich dies auf das verbale Arbeitsgedächtnis und die gesamte kognitive Entwicklung auswirken.
[3:30] Bisher weiß man noch recht wenig über diese Zusammenhänge. Sicher ist jedoch, dass die Intelligenz eine geringe Rolle dabei spielt, ob Kinder lesen und schreiben lernen. Daher ist die IQ-Diskrepanz-Norm, wie bereits in der LaSuB-Episode besprochen, umstritten. Es gibt hierzu verschiedene Studien, die wir in unserem schriftlichen Bericht oder in unserem geplanten Sachbuch detaillierter erörtern werden. Unsere Praxiserfahrungen zeigen, dass rund 20 % der Eltern von Problemen in der Schwangerschaft berichten, darunter Infektionen, großer Stress oder Komplikationen in familiären Beziehungen. Laut Kindermedizinern spielt beruflicher Stress der Mutter eine geringere Rolle, während soziale Stressfaktoren die kindliche Entwicklung beeinflussen können.
[4:28] Viele vorgeburtliche Risikofaktoren sind noch nicht abschließend erforscht. Einige Studien deuten darauf hin, dass sich Umweltfaktoren, wie Lärm, auf die gesamte Entwicklung auswirken können. Die Forschung hierzu steckt jedoch noch in den Anfängen. Sicher ist, dass Kinder, die erhöhten Risikofaktoren ausgesetzt sind, häufig auch in ihrer Lern- und psychischen Entwicklung beeinträchtigt sind.
[5:54] In unseren Eltern-Interviews wurden verschiedene Schwangerschaftsprobleme geschildert, darunter Schwangerschaftsdiabetes und Infektionen. Unklar ist, inwiefern die vorgeburtliche soziale Umwelt Lernschwierigkeiten begünstigt. Es gibt extreme Fälle, in denen Kinder durch Misshandlungen während der Schwangerschaft langfristige Schwierigkeiten entwickelt haben.
[6:47] Das war der Punkt 2.2 zur Schwangerschaft. Nun kommen wir zur Geburt, die ein noch komplexeres Thema ist. Rund 56 % der Befragten (93 Familien) berichteten von einer problemlosen Geburt. Etwa 14 % (27 Familien) gaben geringe bis leichte Probleme an. Auffällig ist, dass rund 9 % (17 Familien) mittelgroße bis schwere Probleme schilderten.
[7:26] Die Forschung zeigt, dass Geburtskomplikationen, wie Sauerstoffmangel, strukturelle Veränderungen im Gehirn begünstigen können. Frühgeburten zwischen der 32. und 38. Schwangerschaftswoche können sprachliche und kognitive Verzögerungen beeinflussen. Weitere Risikofaktoren umfassen Infektionen, Rauchen und schwierige vaginale Entbindungen, die das Risiko für Lese-Rechtschreib-Schwächen erhöhen können.
[8:50] Eine immer wieder diskutierte Thematik ist die infektiöse Gelbsucht, die sich ebenfalls auf die kognitive Entwicklung auswirken kann. Zudem spielt die genetische Veranlagung eine Rolle: Wenn Eltern Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten hatten, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder ebenfalls betroffen sind.
[9:17] Eltern berichten häufig von Geburtskomplikationen, wie überlangen Geburtsphasen, Notkaiserschnitten und Frühgeburten. Studien zeigen, dass solche Faktoren die sprachliche und kognitive Entwicklung beeinflussen können. Insbesondere kann eine verzögerte sprachliche Entwicklung die phonologische Bewusstheit und das sprachliche Lernen beeinträchtigen.
[12:53] Beim Hörvermögen gaben 77 % der Eltern (152 Familien) an, dass keine Probleme bestehen. Etwa 11-12 % berichteten von geringen bis leichten Problemen, während 1-3 % von gravierenden Schwierigkeiten erzählten. Dies deckt sich mit der allgemeinen Beobachtung, dass das Hörorgan in der Regel gesund ist. Allerdings spielt die zentrale Hörverarbeitung im Sprachzentrum eine Rolle bei der phonologischen Bewusstheit.
[14:24] Beim Sehvermögen hatten 73 % (144 Familien) keine Probleme, während 6-16 % leichte bis mittelmäßige Beeinträchtigungen meldeten. Hier gibt es möglicherweise Zusammenhänge mit der zentralen Seh- und Sprachverarbeitung, die das Lesen und Schreiben erschweren können.
[17:29] Die Diskussion um Winkelfehlsichtigkeit und teure Spezialbrillen ist wissenschaftlich umstritten. Solche Brillen sollten nur nach medizinischer Indikation durch einen Augenarzt verordnet werden.
[19:00] Ebenso sind Wahrnehmungs- und Hörtrainingsmethoden, wie das Tomatis-Training, wissenschaftlich nicht belegt. Sicher ist, dass die phonologische Bewusstheit eine zentrale Rolle spielt und gefördert werden muss.
[19:41] Die kindliche Entwicklung ist ein komplexes Thema mit vielen offenen Fragen. Sicher ist, dass sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. In Skandinavien werden bereits Testverfahren entwickelt, um Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen. Frühzeitige Prävention könnte entscheidend sein.
[24:27] Ich hoffe, ich konnte euch inspirieren. Bald folgt die 20. Episode, in der wir die Symptomatik genauer untersuchen. Ich freue mich auf euer Feedback!
Bis bald, euer Lars.
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